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Diagnose und Therapie müssen sich ergänzen – Schmerzen von Nacken bis Knie

|Wissen

Diagnose und Therapie müssen sich ergänzen

„Schmerzen von Nacken bis Knie“ standen im Mittelpunkt eines Vortrags dreier Ärzte im Kreiskrankenhaus Schotten

Schotten (HR). Rückenschmerzen und ihre Auswirkungen haben sich in den vergangenen Jahren zu einem volkswirtschaftlichen Faktor entwickelt, Betroffene leiden unter ihrer eingeschränkten Arbeitsfähigkeit ebenso wie unter einer verminderten Lebensqualität. Nicht immer ist es einfach, eine richtige Diagnose zu stellen, denn am Bewegungsapparat zwischen Halswirbelsäule und Kniegelenk bemerkbare  Schmerzen können ihren Ursprung auch an anderer Stelle haben. „Schmerzen können ausstrahlen, deshalb ist eine sorgfältige Diagnose durch Experten unterschiedlicher Fachrichtungen so wichtig“, erläuterte Dr. med. Christof Müller, Chefarzt der Klinik für Chirurgie am Kreiskrankenhaus Schotten, in seiner Begrüßung zahlreicher Zuhörerinnen und Zuhörer in der Caféteria des Krankenhauses. Dort stand ein dreigeteilter Vortrag über „Schmerzen von Nacken bis Knie“ auf der Tagesordnung.

Wie Dr. Andreas Breithecker, Chefarzt der Abteilung Radiologie im Gesundheitszentrum Wetterau, als erster Referent berichtete, sind etwa 90 Prozent aller Rückenschmerzen „unspezifisch“, würden beispielsweise durch Verspannungen verursacht und seien in der Regel auch ohne weitergehende apparative Diagnostik schnell zu therapieren. Aufwändiger werde die Diagnostik immer dann, wenn Krankengeschichte und körperliche Untersuchung Hinweise auf so genannte Warnsymptome wie Knochenbrüche, Krebs, Entzündungen oder Nervenschädigungen ergäben. Dann erfolgten bildgebende Untersuchungen, um etwa  Bandscheibenvorfälle, Verschleißerscheinungen oder Entzündungen an Bandscheiben,  degenerative Veränderungen der kleinen Wirbelbogengelenke oder  Wirbelgleiten nachzuweisen. An radiologischen Verfahren hierfür stünden das klassische Röntgen zur Basisuntersuchung sowie die modernen bildgebenden Verfahren Computertomographie (CT) und Magnetresonanztomographie (Kernspin, MRT) als Lieferanten detaillierter, hochauflösender Schnittbilder von Knochen und Weichteilen (Muskeln, Sehnen, Bänder, Menisken, Knorpel) zur Verfügung.

Degenerative Veränderungen an der Wirbelsäule entstünden häufig durch den verschleißbedingten Verlust des Knorpels und seiner Pufferfunktion, Knochen reibe auf Knochen, knöcherne Anbauten könnten auf die im Wirbelkanal verlaufenden Nerven drücken. Die Schmerzen könnten hier von der geschädigten Halswirbelsäule bis in die Schultern und im Bereich der Lendenwirbelsäule bis in die Beine ausstrahlen. Bei Bandscheibenvorfällen wölbe sich der gallertartige Kern durch den umgebenden Faserring bis in den Wirbelkanal und reize Nerven mit der Folge belastungsabhängiger Schmerzen in Beinen und Rücken. Schmerzhafte Entzündungen beträfen die Bandscheibe und angrenzende Wirbel. Die so genannte Schaufensterkrankheit könne durch einen verengten Wirbelkanal, aber auch durch gefäßbedingte Durchblutungsstörungen hervorgerufen werden. Wirbelfrakturen seien häufig bei älteren Patienten die Folge von Verschleißerscheinungen. Im Bereich der Hüften könnten radiologische Untersuchungsverfahren konkrete Hinweise liefern auf degenerative Veränderungen wie den Rückgang oder Verlust des Knorpels, eine Verengung des Gelenkspaltes, Verdichtungen und Auswölbungen an den Rändern der Knochen sowie Zysten und Verformungen, erklärte Dr. Breithecker.

Dr. Bernd Hölper, Facharzt für Neurochirurgie am Wirbelsäulenzentrum Fulda-Main-Kinzig, stellte die operativen Behandlungsmöglichkeiten der Wirbelsäule am Schottener Krankenhaus vor. Wie er erläuterte, erfolgen an der Halswirbelsäule die Eingriffe bei Bandscheibenschädigungen von vorn. Bei einem Bandscheibenvorfall im Hals-, Brust- oder Lendenbereich werden die Auswölbungen entfernt und die Lücken im umgebenden Fasermaterial nach Möglichkeit geschlossen. Ein Risiko für weitere Vorfälle bleibe allerdings bestehen. Weitere Therapiemöglichkeiten seien Versteifungen von Wirbelkörpern, was zu Bewegungseinschränkungen führen könne, insbesondere, wenn mehr als zwei Knochen betroffen seien. „Operationen erfolgen nur in ganz schweren Fällen sofort. Der Patient muss auch mal Schmerzen ertragen können, denn eine Besserung tritt oft auch ohne Operation ein“, so Dr. Hölper. Bei Gelenkarthrosen an der Wirbelsäule könnten Gelenke blockiert oder Beschwerden durch Verödung von Nerven gemildert werden. Weitere operative Eingriffsmöglichkeiten seien der Einsatz künstlicher Bandscheiben – mit guten Erfolgen bei jungen Patienten – oder die Stabilisierung von Wirbelkörpern. Seien diese stark geschädigt, sei auch ein Wirbelkörperersatz möglich. Abschließend legte Hölper den Zuhörern nahe: „Bewegung ist ganz wichtig für den Rücken. Ein vernünftiger Aufbau der Muskulatur an Rücken, Bauch und Rumpf stabilisiert und beugt Schädigungen der Wirbelsäule vor.“

Dr. Jörg Klag, Leitender Oberarzt der chirurgischen Klinik, bezeichnete das Schottener Kreiskrankenhaus als eine Einrichtung „mit zeitgemäßer Ausstattung und optimaler Vernetzung“. Neben der Chirurgie gebe es weitere sieben Einzelabteilungen. Zu den Partnern gehöre auch das Gießener Universitätsklinikum, mit dem in komplizierten Fällen zusammen gearbeitet werde.